Melanie (39 Jahre) ist Interface Designerin aus Leidenschaft. Wir haben mit ihr über ihren Job bei Apple gesprochen. Warum ihr Vertrag nicht verlängert wurde und sie jetzt glücklich selbständig arbeitet, erzählt sie uns. Mit ihrem Freund Florian (40 Jahre), Sohn Lennon (1 Jahr) und Hündin Mira lebt sie in Hamburg Eppendorf – gleich bei mir ums Eck.
MELANIE, WAS MACHT EINE INTERFACE DESIGNERIN?
Als Interface Designerin gestalte ich Bildschirm-Oberflächen für Online und Software-Produkte. Da ist neben dem Gesamterscheinungsbild das Thema Usability ein zentraler Punkt. Meine Aufgabe ist dabei, dem Nutzer Funktionalitäten möglichst intuitiv zugänglich zu machen, zum Beispiel über die Gestaltung von Bedienelementen.
ZULETZT HAST DU BEI APPLE GEARBEITET. WAS HAST DU DA GEMACHT?
Am Hamburger Standort werden zwei Apps zum Musikmachen entwickelt: GarageBand und Logic. Da gibt es ständig kleine Anpassungen und Veränderungen – insbesondere, wenn neue Geräte auf den Markt kommen. Was für den Nutzer nur eine Kleinigkeit ist, ist im Hintergrund oft aufwändig. Da arbeiten ganze Teams oft Wochenlang dran. Ein neues Bedienelement kann zum Beispiel einen Monat Arbeit bedeuten.
WAS HAT DIR AN DEINEM JOB BEI APPLE GEFALLEN?
Bei Apple arbeitest du am Puls der Zeit. Das ist für einen Design- und Technik-Fan wie mich fantastisch. Was dort entwickelt wird ist neu. Das kennt die Welt noch nicht. Ich liebe die Produkte, mag die intuitive Usability und die faszinierende Technik. Zudem ist der Standort in Hamburg auf Musik spezialisiert. Das spiegelt sich auch in den Leuten wieder, die da arbeiten. Alle sind musikbegeistert oder machen selber Musik. Das ist ein tolles kreatives Umfeld, in dem ich mich sehr wohl gefühlt habe.
UND DANN BIST DU SCHWANGER GEWORDEN…
Genau. Und das kurz vor Auslaufen meines auf zwei Jahre befristeten Vertrags. Das war natürlich der denkbar schlechteste Moment, um schwanger zu werden. Aber so richtig in das Leben reinpassen, tut ein Baby wohl nie. Mein Vertrag ist dann nicht entfristet worden. Das war ziemlich schlimm für mich. Bis dato war mein Job mein Ein und Alles. Schwanger habe ich mich dann plötzlich wie ein Arbeitnehmer zweiter Wahl gefühlt.
Meine direkte Chefin war zur selben Zeit schwanger. Mit ihrem zweiten Kind. Sie hat sich sehr für mich eingesetzt. Leider werden die Stellen bei Apple aber aus den USA genehmigt. Vielleicht hätte man mich nach der Elternzeit in Vollzeit weiter beschäftigt. Das konnte ich mir aber nicht vorstellen. Mein Freund arbeitet als Werber 50 Stunden und mehr. Eine zweite Vollzeitstelle hätte in unser neues Leben mit Kind einfach nicht reingepasst.
IST APPLE TROTZDEM EIN FAMILIENFREUNDLICHES UNTERNEHMEN?
Grundsätzlich würde ich das schon sagen – auf jeden Fall auf den Hamburger Standort bezogen. Viele Mitarbeiter haben Kinder und wissen, wie schwierig es ist, Familie und Job zu vereinbaren. Deshalb herrscht diesbezüglich ein sehr offenes Klima. Es ist auch jederzeit möglich, im Notfall im Homeoffice zu arbeiten, zum Beispiel wenn das Kind krank ist.
Mein Job bei Apple war allerdings darauf ausgelegt, in Vollzeit ausgeübt zu werden. Auch meine Chefin ist nach einem Jahr Elternzeit in Vollzeit wiedergekommen. In Teilzeit arbeitet kaum jemand. Sie ist übrigens auch eine von nur zwei weiblichen Führungskräften am Standort. Insgesamt arbeiten bei Apple in Hamburg deutlich mehr Männer. Vielleicht auch, weil der Job recht techniklastig ist.
UND JETZT? DU HAST NACH EINEM JAHR ELTERNZEIT GERADE WIEDER ANGEFANGEN ZU ARBEITEN – JETZT FREIBERUFLICH. WIE FÜHLT SICH DAS AN?
Super! Nach einem Jahr Elternzeit, in dem mein Sohn Lennon die Hauptrolle gespielt hat, freue ich mich, wieder zu arbeiten. Ich merke, wie sehr ich meinen Job in den letzten Monaten vermisst habe und genieße es, mich mal wieder fachlich austauschen zu können. Zudem freue ich mich, nach einem Vormittag mit Job-Themen umso mehr, am Nachmittag Zeit mit Lennon zu verbringen.
EIN ERSTES FAZIT: WIE KLAPPT DAS ARBEITEN MIT KIND?
Wie zu erwarten war, ist Lennon in den ersten Kita-Monaten erst mal oft krank gewesen. Da kann man schon mal verzweifeln. Zum Glück habe ich als Freiberufliche dann die Möglichkeit, mir die Arbeit flexibel einzuteilen. Im Notfall muss es eine Nachtschicht sein.
Ich habe mir vorgenommen, 25 Stunden pro Woche zu arbeiten. Aktuell schaffe ich das aber noch nicht. Ich hoffe, nach dem Winter ist Lennon weniger krank. Dann arbeite ich mehr.
Die Kundenakquise war auch kein Problem, da ich schon vor meinem Job bei Apple freiberuflich tätig war. Schon nach ein paar Anrufen bei alten Kunden hatte ich erste Projekte auf dem Tisch. Ich hoffe, das geht so weiter.
WAS HAT DAS MUTTER-SEIN AN DEINER EINSTELLUNG ZUM ARBEITEN GEÄNDERT?
Mit Lennon hat sich vieles verändert – manches aber eben auch nicht. Mein Beruf ist mir noch immer wichtig. Und ich möchte auch noch immer einen großen Teil meiner Zeit in die Arbeit stecken. Der Job ist aber auch nicht mehr alles für mich. Ich möchte Lennon am Nachmittag aus der Kita abholen und Zeit mit ihm verbringen. Ich nehme mir Zeit für beides: die Arbeit und mein Kind.
WAS STELLST DU DIR IN ZUKUNFT VOR? EINEN FESTEN JOB ODER WEITER FREIBERUFLICH ARBEITEN?
Das freie Arbeiten ist perfekt für meine aktuelle Situation. Ich bin total flexibel und kann von zuhause aus arbeiten. Die Jobs sind zudem oft freier in der Gestaltung. Das ist auch mal wieder schön. Bei Apple gab es strikte Design-Richtlinien. Da kannst du nicht so viel experimentieren. Apple vermisse ich trotzdem ab und an. Mal gucken, was die Zukunft so bringt.
MELANIE, VIELEN DANK FÜR DAS INTERVIEW!
Ach, übrigens: Das süße Spielzeug-Smartphone heißt I-Woody und ist von der Hamburger Firma Donkey.
BEFRISTETER ARBEITSVERTRAG UND SCHWANGER? ALLE INFOS IM ÜBERBLICK:
Ein befristeter Vertrag darf maximal über zwei Jahre abgeschlossen werden. Danach muss der Vertrag entfristet werden. Wird eine Frau innerhalb der Vertragslaufzeit schwanger, läuft der Vertrag ganz normal weiter, bis er zum vereinbarten Zeitpunkt ausläuft. Der Kündigungsschutz für Schwangere greift in diesem Fall nicht. Denn es erfolgt keine Kündigung, der Vertrag läuft lediglich aus. Innerhalb der Vertragslaufzeit haben Schwangere mit befristeten Arbeitsverträgen allerdings die gleichen Rechte wie Schwangere mit unbefristeten Verträgen: Der Vertrag darf nicht vorzeitig durch den Arbeitgeber beendet werden. Dieser muss die Schwangere bis zum Vertragsende beschäftigen.
Mehr zum Thema Schwangerschaft bei einem befristeten Vertrag im Artikel auf zeit.de.